Debatte um Stadionsicherheit endlich transparent und faktenbasiert führen

Im vergangenen Jahr wurden auf dem sogenannten „Sicherheitsgipfel“ von Politik und Verbänden weitreichende repressive Maßnahmen gegen Fans beschlossen. Ende dieser Woche sollen dazu nun konkrete Umsetzungsschritte auf den Weg gebracht werden.

„Bis zum heutigen Tage haben wir kein einziges stichhaltiges Argument gehört, warum es notwendig sein soll, personalisierte Eintrittskarten, eine zentrale Stadionverbotsvergabe samt neuer Stadionverbotsrichtlinie oder Gesichtsscanner an den Stadiontoren einzuführen. Ebenso fehlt bislang jegliche Transparenz im gesamten Prozess. Daher haben wir die glasklare Erwartungshaltung, dass die Debatte um die Stadionsicherheit endlich faktenbasiert und unter Einbeziehung von Fans und Vereinen geführt wird. Und die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Die Stadien sind sichere Orte. Niemand muss Angst haben ein Stadion zu betreten. Die Vereine wissen das, die Fans wissen das. Und wenn die Politik endlich einmal ehrlich zu sich und der Öffentlichkeit wäre, dann würde dies dort ebenso bejaht werden. Wir rufen daher alle Entscheiderinnen und Entscheider in dieser Frage unmissverständlich zur Mäßigung auf. Noch kann dieser Irrweg mit immer neuen populistischen Maßnahmen verlassen werden“, erklärt Linda Röttig Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen e. V..

Argumentiert wurde und wird in der Debatte um weitere Einschränkungen und Repressionen gegenüber Fans immer wieder mit Falschbehauptungen. Selbst die polizeieigenen Statistiken, die schon nicht als objektiv betrachten werden können, rechtfertigen nicht ansatzweise die auf dem Sicherheitsgipfel angekündigten Maßnahmen. Neben der zentralen Vergabe von Stadionverboten und einer schnelleren Aussprache auf Verdacht, wurde beispielsweise ebenso eine umfangreiche Aufrüstung der Stadien mit Sicherheitstechnik, wie etwa Gesichtsscannern und die Einführung personalisierter Eintrittskarten, angekündigt. Vorwürfe zu ausufernder Gewalt oder dass die Vereine nicht ausreichend durchgreifen würden, sind verzerrt und faktisch falsch. Die Stadien sind voll, Strafanzeigen sowie Verletzte liegen seit Jahren im absoluten Promillebereich und Volksfeste, wie das Oktoberfest geben diesbezüglich sicher mehr Grund zur Sorge, als ein Besuch in Deutschlands Fußballspielstätten. 

„Die im Raum stehenden Maßnahmen sind so weitreichend, dass sie der Sargnagel für die Fankultur in den Stadien wären. Diese Konsequenz muss allen bewusst sein, die am Donnerstag und Freitag in Heidelberg mit darüber entscheiden, welche nächsten Schritte unternommen werden“, so Linda Röttig abschließend.

Fanhilfen verzeichnen Zuwachs und verlangen Stopp zunehmender Kriminalisierung von Fußballfans auf bundesweitem Treffen  

Am heutigen Tage fand sich der Dachverband der Fanhilfen e .V. zu seinem jährlichen bundesweiten Treffen in Hamburg zusammen. Daran nahmen Fanhilfen von 30 Vereinen aus ganz Deutschland teil und sprachen sich mit deutlichen Worten gegen die zunehmende Kriminalisierung von Fußballfans aus. Es wurde ein Umdenken in Politik und Polizei gefordert. Die Pläne des sogenannten „Sicherheitsgipfels“ aus dem Herbst letzten Jahres sollen verworfen werden. Überdies sollen Polizeieinsätze beim Fußball durch unabhängige Wissenschaft evaluiert und Weiterbildungsmodule von Polizeieinheiten zum Thema Fankultur & Grundrechte in deren Ausbildung verankert werden, um das Feindbild Fußballfan abzubauen.  

Die voranschreitende Kriminalisierung sorgt dafür, dass sich an immer mehr Standorten die Arbeit der Fanhilfen professionalisiert. Mit den neuen Fanhilfen Zwickau, Berliner FC, Dortmund und Bochum wurden vier neue Mitglieder im Dachverband begrüßt. Die Anzahl der Mitglieder des Dachverbands steigerte sich damit erneut und wuchs auf 30 verschiedene Standorte an. Die Fanhilfen in Deutschland vertreten mittlerweile eine hohe fünfstellige Anzahl an Mitgliedern.

Vorstandsmitglied im Dachverband der Fanhilfen e.V. Linda Röttig erklärte hierzu: „Der erneute Zuwachs an Fanhilfen verdeutlicht, dass ein „Weiter so“ an immer mehr Standorten in Deutschland keine Option ist. Während des heutigen Treffens wurde einmal mehr deutlich, dass die Diskrepanz zwischen der Realität voller Stadien mit hunderttausenden Zuschauern an jedem Wochenende sowie beeindruckender Fankultur und durch Politik und Polizei heraufbeschworener Schreckensszenarien vermeintlich kriegsähnlicher Zustände in keinem Verhältnis mehr steht. Die jüngsten Äußerungen des Bundeskanzlers hierzu waren nur die Spitze des Eisbergs. Die anwesenden Fanhilfen waren sich heute sehr einig, dass es einer klaren Trendumkehr bedarf, bevor es zu spät ist.“ 

Die beschlossenen Forderungen des Dachverbandstreffen:  

  • Aufgabe sämtlicher Pläne des sogenannten „Sicherheitsgipfels“ aus dem vergangenen Herbst. 
  • IMK beauftragt eine jährliche unabhängige und wissenschaftliche Evaluierung der Polizeieinsätze beim Fußball.   
  • Die Vereine müssen ein öffentliches und unmissverständliches Zeichen gegen die Hetzjagden gegenüber ihren Fans setzen.  
  • Verbot von Schuss- und Sprühwaffen sowie Tasern der Polizei in den Stadien.  
  • Weiterbildung von Polizeieinheiten durch Aufnahme von Pflichtmodul „Fankultur & Grundrechte“ in der Polizeiausbildung. Dadurch langfristiger Kulturwandel und Abbau des „Feindbild Fan“.  

Bundeskanzler stellt Fans pauschal ins Abseits

„Die Äußerungen von Bundeskanzler Merz machen uns fassungslos und wütend. Er stellt ohne jegliche Sachkenntnis Fans pauschal ins Abseits und zeichnet ein Bild der Sicherheitslage beim Fußball, welches mit der Realität nicht übereinstimmt. Ebenso läuft seine Forderung an die Vereine völlig ins Leere, denn es sind seine Parteifreunde, die massiv darauf drängen, den Vereinen die Zuständigkeit für die Stadionverbotsvergabe zu entziehen“, erklärt Linda Röttig, Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen e. V.

Friedrich Merz hatte gestern auf einer Abendveranstaltung der DFL in Berlin die Sicherheitslage in den Stadien angesprochen. In diesem Zusammenhang äußerte er, dass die Vereine mehr für die Sicherheit tun müssten, um Fans unter Kontrolle zu behalten. Ebenso behauptete er, es gäbe eine negative Entwicklung bei den Fans.

„Anstatt populistische Parolen ungeprüft zu übernehmen, sollte sich Herr Merz für einen Abbau des ‚Feindbild Fan‘ einsetzen. Die immer gewalttätigeren Polizeieinsätze gegen Fans sind nicht länger hinnehmbar. Es braucht hier dringend eine Trendumkehr. Dafür notwendig ist die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei, ein Zeugnisverweigerungsrecht für die Soziale Arbeit, die Abschaffung der Datei ‚Gewalttäter Sport‘ und ein Verbot von Schuss- und Sprühwaffen der Polizei in den Stadien. All das kann Herr Merz umsetzen und damit wirklich zu einer besseren Sicherheitslage in den Stadien beitragen“, so Linda Röttig abschließend.

Am kommenden Wochenende werden Fanhilfen aus ganz Deutschland zu ihrem jährlichen Treffen zusammenkommen. Die aktuellen Äußerungen von Bundeskanzler Merz werden dort ebenso Thema sein wie auch die immer weiter zunehmende Militarisierung der Polizei im Rahmen von Fußballspielen.

Gewalt im Stadion – Wahrscheinlichkeit liegt unter 1 Prozent

Zu den aktuellen, völlig realitätsfernen Aussagen der Gewerkschaft der Polizei zum Bundesligastart sagt Linda Röttig, Vorstand vom Dachverband der Fanhilfen:

„Wer solche realitätsfernen Forderungen erhebt, hat mit Sicherheit noch nie ein Spiel im Stadion erlebt. Jedes Wochenende besuchen hunderttausende Fans die Spiele. Seit dem Ende der Pandemie-Regelungen erlebt der Stadionbesuch einen regelrechten Boom. Niemand würde mit seiner Familie zu einem Spiel kommen, wenn es solche Zustände geben würde, die die GdP immer wieder heraufbeschwört und mit denen solche Maßnahmen begründet werden. Denn die Wirklichkeit sieht komplett anders aus: Auf jedem mittelgroßen Volksfest besteht laut den polizeieigenen Zahlen eine größere Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, als in einem Stadion. Wenn überhaupt, sorgen massive Polizeieinsätze mit der Nutzung von Pfefferspray in vollbesetzten Zuschauerbereichen und Ähnlichem für Angst und Schrecken in den Stadien. Die Debatte geht somit an der Wirklichkeit vorbei. Im Übrigen gelten selbstverständlich auch für Fußballfans Grundrechte, die die Realisierung derartiger Totalüberwachungsfantasien a la 1984 George Orwell zurecht verbieten.

Durch parlamentarische Anfragen in Landesparlamenten und anhand der polizeieigenen Statistiken der Zentralen Informationsstelle der Polizei (ZIS) zeigt sich sehr deutlich, dass die Anzahl der Strafverfahren und Verletzten – gemessen an der Zahl der Besucher in den Stadien – verschwindend gering ist. Die Stadien sind sehr sicher. Es gibt vor diesem Hintergrund keinen Anlass für eine weitere Aufrüstung der Polizei bei Fußballspielen, kein Grund für verschärfte Einlasskontrollen oder zusätzliche Videoüberwachung.

Daher fordern wir die Sicherheitsbehörden zum Saisonstart dazu auf, ihre Einsätze endlich den realen Sicherheitsniveau anzupassen. Das heißt: weniger Polizeipräsenz am Stadion und weniger kostenintensives Material, wie Hubschrauber oder Wasserwerfer. Außerdem sollte die Polizei auf zusätzliche Überwachungsmaßnahmen mit Hilfe von KI oder Drohnen verzichten. Damit würde sie auch endlich datenschutzrechtliche Bedenken ausräumen.“

Neuer Saisonbericht dokumentiert weiterhin überzogenen Repressionsdruck gegen Fußballfans

Erneut hat der Dachverband der Fanhilfen e. V. einen Saisonbericht zur abgelaufenen Spielzeit veröffentlicht und darin 24 überzogene sowie unverhältnismäßige Polizeieinsätze gegen Fußballfans dokumentiert.

„Unser neuer Saisonbericht zeigt deutlich, dass die Sicherheitsbehörden auch nach der Heim-EM mit hohem Repressionsdruck gegen Fans vorgehen. Mit den 24 dokumentierten Vorfällen bleibt die Anzahl der Ereignisse im Saisonvergleich stabil auf hohem Niveau. Ebenso gab es bei einzelnen Einsätzen erneut ein äußerst brutales Vorgehen der Polizei gegen Fans. Somit kann weder in der Qualität noch in der Quantität der Einsätze eine Verbesserung verzeichnet werden “, erläutert Linda Röttig Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen.

Wie schon in der vergangenen Saison umfasst der Bericht 24 Ereignisse, bei denen Fans auf unterschiedliche Art und Weise mit überzogenem Polizeiverhalten konfrontiert waren.

„Auch nach der vergangenen Saison bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass Fans vielfach einem ungezügelten und unkontrolliert auftretenden Polizeiapparat ausgesetzt sind. Wir beobachten ebenso, dass durch polizeiliches Handeln der Stadionbesuch von größeren Gruppen am Spieltag trotz des Besitzes von Eintrittskarten zunehmend verhindert wird. Solche Einsätze werden durch eine sich immer weiter radikalisierende Rhetorik von politischer Seite, mit der über Fans gesprochen wird, legitimiert. Wir brauchen dringend eine Trendumkehr“, so Linda Röttig abschließend.

Deutlicher Rückschlag für Grundrechte – Koalitionsvertrag bedeutet düstere Aussichten für Fußballfans 

Die heutige Vorstellung des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene ist ein Rückschritt für alle Fußballfans im Land. Statt ihre freiheitlichen Grundrechte zu stärken, will die neue Bundesregierung auf stärkere autoritäre Strukturen setzen. Dafür sollen drastische Maßnahmen, wie eine dreimonatige Vorratsdatenspeicherung, die Ausweitung der Quellen- und Telekommunikationsüberwachung sowie Überwachungsmethoden mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und biometrischer Daten umgesetzt werden, was der Dachverband der Fanhilfen deutlich kritisiert. Vorhaben zur Stärkung der Fan- und Freiheitsrechte fehlen hingegen komplett.

Fußball ist ein kulturelles Gut, das Millionen von Menschen verbindet. Dazu gehört auch eine lebendige Fankultur, die den Fußball erst zu dem macht, wofür er geliebt wird. Der heute vorgestellte Koalitionsvertrag ignoriert die wesentlichen Forderungen der Fans und ist ein deutlicher Rückschlag für ihre Rechte als mündige Bürgerinnen und Bürger. 

Zu den zentralen Anliegen der Fans findet sich nichts im Vertragsentwurf. Weder zur diffamierenden Datei „Gewalttäter Sport“, noch zur dringend notwendigen Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei. Ebenso bleibt völlig unklar, wie es mit der Stelle des Bundespolizeibeauftragten weitergehen wird und wie sich die zukünftige Bundesregierung zum möglichen Ende des digitalen Briefgeheimnisses durch eine EU-weite Chatkontrolle positioniert. Auch das von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis geforderte Zeugnisverweigerungsrecht für die Mitarbeitenden in der Sozialen Arbeit fehlt. Mit diesen Leerstellen werden internationale Verpflichtungen Deutschlands weiterhin ignoriert sowie rechtlich und gesellschaftlich notwendige Weiterentwicklungen missachtet.

Dazu sagt Oliver Wiebe, Sprecher im Dachverband der Fanhilfen: „Wir fordern, dass Fans nicht länger als Problemfälle und Schwerstkriminelle betrachtet werden. Die Hetze gegen Fußballfans muss ein Ende haben! Vielmehr braucht es ein Bekenntnis der neuen Bundesregierung, die Rechte aller Fußballfans zu stärken und eine freie sowie selbstbestimmte Fan-Kultur zu akzeptieren. Ein Koalitionsvertrag, der die Interessen von Fußballfans nicht berücksichtigt, verkennt die Realität. Wir fordern endlich einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe mit Fans statt Abwehrdebatten und krude Sicherheitsfantasien, die schwere Grundrechtseingriffe zur Folge haben.“

Fanhilfen verlangen von neuer Bundesregierung anderen Umgang mit Fußballfans

Der Dachverband der Fanhilfen richtet sieben konkrete Forderungen zur Wahrung von Fan-, Bürger- und Freiheitsrechten an die Politik. Trotz eindeutig widersprechenden polizeilichen Kennzahlen wird in der öffentlichen Debatte mantraartig behauptet, dass ein Stadionbesuch in Deutschland gefährlich sei. Die zum Teil angedachten sicherheitspolitischen Verschärfungen sind weitgehend. Vor diesem Hintergrund äußern sich die Fanhilfen zur anstehenden Bundestagswahl. 

Dazu betont Linda Röttig, Vorstandsmitglied vom Dachverband der Fanhilfen e. V.: „Die Einschränkungen fundamentaler Bürger- und Freiheitsrechte erfolgen zuallererst bei Fußballfans. Was hier einmal erprobt und im Zweifel durchgesetzt wurde, wird anschließend auf andere gesellschaftliche Gruppen erweitert. Mithilfe der Kriminalisierung von Fankultur und Fandasein wird ein verzerrtes öffentliches Bild gezeichnet, welches der Einschränkung grundlegender Freiheits- und Bürgerrechte dient. Davon betroffen sind im Zweifel nicht nur Fußballfans, sondern alle Menschen in Deutschland. Umso wichtiger ist es, diese verzerrte Darstellung öffentlich zu korrigieren.“

Der Dachverband der Fanhilfen vertritt Fußballfans als mündige Bürger, die nicht länger als Versuchskaninchen für autoritäre und nicht mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringende Sicherheitsfantasien missbraucht werden wollen. Gleichwohl geht es neben dem Schutz von Grundrechten Einzelner ebenso um zunehmende Einschränkung von Freiheits- und Bürgerrechten. Daher wird u. a. die Beibehaltung des Bundespolizeibeauftragten, die Abschaffung der Datei „Gewalttäter Sport“, die Ablehnung der angedrohten Überwachung jeglicher Kommunikation durch die sogenannte Chatkontrolle sowie ein Stopp für weitere unverhältnismäßige Kompetenzerweiterungen der Polizei gefordert.

Linda Röttig erläutert hierzu: „Wer glaubt, sich erneut auf Kosten von Fußballfans politisch profilieren zu können, befindet sich auf dem Holzweg. Wir sind nicht bereit, weitere sicherheitspolitische Verschärfungen auf unserem Rücken zu akzeptieren. Die angedrohten Gesetzesverschärfungen betreffen fundamentale Grundrechte und sollen diese weiter maßgeblich einschränken. Wenn elementare Teile einer Demokratie wie die Gewaltenteilung oder das Rechtsstaatsprinzip in Gefahr sind, dann gilt es sich dagegen zu wehren. Es sollte jedem klar sein: Wenn der Rechtsstaat verschwindet, dann bleibt nur die Willkür.“

Urteil zu Polizeikosten ist ein Freifahrtschein für ungezügelte Polizeieinsätze

Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass im Rahmen von Fußballspielen anfallende Kosten für Polizeieinsätze an die Vereine weitergegeben werden können. Damit endet ein über viele Jahre geführter Rechtsstreit.

„Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialischer auftretenden Polizeiapparat. Fußballfans im ganzen Land sind bereits jetzt Woche für Woche mit massiven Polizeieinsätzen konfrontiert. Völlig unkontrolliert bestimmt die Polizei dabei selbst, wie viele Einsatzkräfte sie in und um die Stadien einsetzt. Dass die daraus entstehenden Kosten nun an die Vereine weitergegeben werden können, halten wir weiterhin für völlig falsch. Wer sich über zu hohe Polizeikosten beschwert, muss die Einsatzstärke endlich an der Realität ausrichten. Bisher bestimmt allein das Feindbild Fan der Polizei, wie groß der Einsatz wird. Eine unabhängige Kontrolle findet nicht statt. Dies ist ein unhaltbarer Zustand.“, erklärt Linda Röttig, Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen e. V.

Das Bundesland Bremen hatte 2014 damit begonnen, Kosten für Einsatzkräfte der Polizei im Rahmen von Fußballspielen an die DFL weiterzugeben. Dagegen klagte der Ligaverband und zog bis vor das Bundesverfassungsgericht.

„Sicherheit zu privatisieren, ist eine fatale Entwicklung und wird Auswirkungen auf alle Formen von Großveranstaltungen haben. Der Gesetzgeber muss jetzt eingreifen und dafür sorgen, dass Polizeieinsätzen beim Fußball transparenter und nachvollziehbarer geplant werden. Seit Jahren liegt die Zahl der Straftaten beim Fußball im Promillebereich, während die Polizei immer weiter aufrüstet. Vor dem Hintergrund des Urteils muss die Intransparenz und der Wildwuchs in der Einsatzplanung der Polizei endlich beendet werden. Als Konsequenz aus dem heutigen Urteil fordern wir die Vereine auf, jeden einzelnen Gebührenbescheid vor den Verwaltungsgerichten zu beklagen. Nur dadurch kann die Grundlage für den Kräfteeinsatz der Polizei überprüft und somit die Richtigkeit der Rechnungssumme bewertet werden. Es ist im Sinne der Vereine, nicht für unnötige und vermeidbare Kosten herhalten zu müssen. Im Rahmen der 50+1 Regelung sind sie hierbei gegenüber ihren Mitglieder Rechenschaft schuldig.“, betont Linda Röttig abschließend.

Angriff auf die freie und selbstbestimmte Fankultur

Im Rahmen des Gipfels von Politik und Verbänden zur Stadionsicherheit wurden neue Repressionsmaßnahmen gegen Fußballfans angekündigt. Die getroffenen Aussagen der Sport- und Innenminister verdeutlichen die Zielvorstellungen: Die Einschränkung von Fanrechten und Beseitigung der Fankultur in der Form, wie wir sie heute kennen.

„Wir blicken weiterhin fassungslos auf die Aussagen vom vergangenen Freitag. Auf offener Bühne fand ein Überbietungswettbewerb mit Falschbehauptungen und Unwahrheiten statt. Die Zielsetzung einer völlig neuen Fanstruktur in den Kurven wurde unmissverständlich vorgetragen und von allen Beteiligten unterstützt. Kein Wort gab es hingegen zu den gewalttätigen Polizeieinsätzen der letzten zwölf Monate. Kein Wort zu den hunderten verletzten Fans durch Polizeigewalt. Selbst die polizeieigenen Statistiken rechtfertigen nicht ansatzweise das aktuelle Vorhaben. Die Art und Weise des bisherigen Prozesses und die vorgegebene Richtung sind für uns völlig inakzeptabel und erfordern eine deutliche Kehrtwende. Für uns steht fest, dass es unter den aktuellen Voraussetzungen keinerlei Zusammenarbeit mit der Politik und den Verbänden weder heute noch morgen geben kann. Wenn Fakten geleugnet und völlig aus der Luft gegriffene Behauptungen unwidersprochen in den Raum gestellt werden, ist ein Punkt erreicht, an dem selbst an einen ergebnisoffenen Dialog nicht zu denken ist“, so Linda Röttig, Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen e. V.

Zur Erreichung der langfristigen Zielsetzung von Politik und Verbänden wurde am Freitag verkündet, dass in einem ersten Schritt die Vergabe von Stadionverboten in den ersten beiden Ligen aus der Hoheit der Vereine in die Hände einer neuen Kommission überführt werden soll. Die bisher sinnvolle Praxis der Einzelfallbetrachtung durch die Vereine ist damit Geschichte. Ebenfalls sollen zukünftig Stadionverbote ausnahmslos sofort ausgesprochen werden, sobald ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist.

„Da die Verbandsspitzen diesen direkten Angriff auf die Fankultur unterstützen, müssen nun die Vereine eindeutig Position beziehen. Entweder sie stellen sich auf die Seite der Fans oder sie unterstützen einen populistischen Kurs, der einzig und allein die Konfrontation mit den eigenen Anhängern im Stadion zum Ziel hat. Die kommenden Wochen werden zeigen, wer für Fanrechte und den Erhalt der Fankultur eintritt und wer den Plan ihrer Beseitigung unterstützt. Wir jedenfalls werden uns mit aller Macht gegen den eingeschlagenen Kurs zur Wehr setzen“, stellt Linda Röttig abschließend klar.

Fanhilfen appellieren an Bundesinnenministerin Faeser – Fans sind keine Sicherheitsgefahr

Der Dachverband der Fanhilfen hat sich in einem dringlichen Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser gewendet. Im Vorfeld des angekündigten Sicherheitsgipfels der Bundesinnenministerin mit den Innenministern der Bundesländer sowie DFB und DFL am 18. Oktober fordern die Fanhilfen eine Rücknahme von Repressionen gegen Fußballfans sowie eine klare Absage an populistische Forderungen wie lebenslangen Stadionverboten, Zuschauerausschlüssen, Schnellgerichten in den Stadien oder die Weitergabe von Fotos und Videos durch Ermittlungsbehörden an die Vereine.